Crip Time – eine Zeitrechnung, die aus der Norm fällt

Crip Time heißt auf Deutsch: „Krüppelzeit“. Darf man das sagen? Ja. Im Konzept der Crip Time wird, vor allem unter akademischen Aktivisten und Aktivistinnen der Behindertenbewegung, die zumeist als Beleidigung aufgefasste Bezeichnung „cripple“ (Krüppel) als Eigenbezeichnung zurückerobert. Durch dieses „Reclaimen“ will sich die Community von den Herabwürdigungen gegenüber Behinderten emanzipieren.
Und was genau ist nun Crip Time?

Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen benötigen oft mehr Zeit für alltägliche Aktivitäten. Trotz sorgfältiger Vorbereitung können Barrieren jederzeit dazu führen, dass alles anders verläuft als geplant. „Auch nach Jahren im Rollstuhl ertappe ich mich regelmäßig dabei, dass ich Ter-mine plane und dabei vergesse, dass meine Wege mit zusätzlichen Zeitlöchern gespickt sind, in die ich falle oder auch hinterlistig hineingezogen werde. Ich rechne nicht mit ein, dass ich meinen Roll-stuhl verladen oder auf den Aufzug warten muss, dass Wege länger sind, weil der Haupteingang nicht barrierefrei ist, und ich durch dubiose Hintereingänge gelotst werden oder wilden Beschilderungen folgen muss, um schließlich dort anzukommen, wo ich hinmöchte.“, schreibt Sabrina Busch, die seit einem Verkehrsunfall querschnittsgelähmt ist.
Diese Zeiten, die Menschen mit Behinderungen zusätzlich brauchen, werden Crip Time genannt. Das beinhaltet auch organisatorische Zeitaufwendungen wie Arzttermine, die Beantragung von Medika-menten- und Therapieversorgungen, Recherchen, um herauszufinden, wie zugänglich Orte sind u.ä.